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Dr. Hans-Christian Riechers

Universität Basel
Neuere deutsche Literaturwissenschaft

External Junior Fellow
April 2024 - September 2024

CV

Hans-Christian Riechers studierte von 2003 bis 2010 Germanistik, Philosophie und Religionswissenschaft in Freiburg und Valencia. 2011 unterrichtete er im Rahmen einer DAAD-Institutspartnerschaft in Sankt Petersburg. 2012–2021 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Bielefeld und Freiburg. 2018 promovierte er mit einer Arbeit über Peter Szondi. 2021–2024 hatte er ein DFG-Forschungsstipendium an der Universität Basel. Seit 2021 ist er Mitglied der Jungen Akademie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Seine Schwerpunkte sind deutsch-jüdische Literaturgeschichte, interkulturelle und postkoloniale Germanistik, Wissenschafts- und Intellektuellengeschichte. 

Publikationen (Auswahl)

  • Europas letzte Festungen. Reise nach Ceuta und Melilla. Berlin: Wagenbach 2022.
  • Peter Szondi. Eine intellektuelle Biographie. Frankfurt a.M.: Campus 2020.
  • Heterodoxe Wissenschaft in der Moderne. Paderborn: Fink 2021 (Ed., together with Mathis Lessau, Philipp Redl). 
  • Scheitern in der Neuen Welt. Uwe Timms Romane Der Schlangenbaum und Ikarien. In: Linda Maeding (Hg.): Utopie und (Post-)Kolonialismus (forthcoming).
  • Gerechte Annexion? Kolumbus und Magellan im literarischen Urteil der Zwischenkriegszeit. In: Michaela Holdenried/Anna-Maria Post (Hg.): »Land in Sicht!« Literarische Inszenierungen von Landnahmen und ihren Folgen. Berlin: ESV 2021, S. 73–91.
  • Wahlvaterschaften. Peter Szondi und die Patriarchen. In: LEA – Lingue e Letterature d'Oriente e d'Occidente 7 (2018), S. 649–661. 

FRIAS Projekt

Der Entdecker und Kolonisator Kolumbus nimmt eine paradigmatischen Schwellenfigur zwischen kultureller Identität und Alterität ein: Selbst eine nationale Hybridfigur, entdeckt er ein 'Anderes', das wiederum zur Projektionsfläche für das europäische 'Eigene' wird. Die Kolumbus-Figur ist insofern ein Baustein einer postkolonialen Literaturgeschichte. Die deutschsprachige Kolumbus-Literatur lässt sich sinnvoll in drei ideengeschichtliche Konstellationen einteilen, bzw. drei Modi, die im Wesentlichen einem chronologischen Verlauf folgen: (1) die aufklärerische, die sich den Entdecker und Kolonisator als Zivilisationshelden allererst aneignet, der die Fremden der europäischen Segnungen teilhaftig werden lässt (Autoren: Bodmer, Campe, Herder, Lichtenberg, Forster); (2) die idealistisch-romantische, die durch Identifikation mit dem Helden eine eigene Identität sucht, während das Andere kaum mehr in Erscheinung tritt, Kolumbus ist hier eine ästhetische Chiffre für die Umwälzungen der Gegenwart (Autoren: Schiller, Hölderlin, Nietzsche, anders: Rückert, Klingemann); (3) die moderne, die den Helden nur mehr als Übeltäter oder komische Figur akzeptiert, ihn also als Helden dekonstruiert und dazu tendenziell die Perspektive der ‚Anderen‘ einnimmt, die oft der eigenen Identität angepasst werden (Autoren: Wassermann, Tucholsky, Hasenclever, Zweig, Hacks, Buch).Kolumbus ist also in der deutschen Literatur bei weitem kein Unbekannter, jedoch ist er in der germanistischen Literaturwissenschaft bisher nicht angemessen repräsentiert. Diese Lücke will ich mit meinem Projekt schließen und dabei zugleich eine neue Perspektive auf die Literaturgeschichte gewinnen.