Online Conference Alma mater, Doktorvater: Die ›Familienaufstellung‹ der deutschen Wissenschaft

Alma mater, Doktorvater:

Die ›Familienaufstellung‹ der deutschen Wissenschaft

Online Tagung in Kooperation mit dem KWI Essen
veranstaltet von:

Eva von Contzen,
Eva Eßlinger
Julika Griem

Warum sprechen wir von der alma mater – und nur in Deutschland vom ›Doktorvater‹ respektive ›Doktormutter‹? Und warum, auch nur in Deutschland, vom ›wissenschaftlichem Nachwuchs‹, als handle es sich bei Promovenden und Habilitanden um akademische Nesthocker, die das Elternhaus nicht verlassen und in die kalte Welt des Erwachsenseins hinaustreten möchten? Vor allem im deutschen Sprachraum lässt sich bis heute eine Semantik ausmachen, mit der akademische Sozialformen als quasi-familiäre Nahbeziehungen imaginiert und modelliert werden. Diese ›Familiarisierung‹ von Wissenschaft nach dem Modell der konjugalen Familie ist voraussetzungs- und folgenreich: Sie skaliert institutionelle Aggregationsmöglichkeiten, schreibt geschlechterspezifische Muster und Rollen fest, privilegiert bestimmte Interaktions- und Organisationsformen und präfiguriert Konflikttypen und Lösungsansätze. In den Formen akademischer Vergesellschaftung hierzulande, so der Verdacht, werden Gefühlsstrukturen und affektive Bedürfnisse auf eine Weise ideologisch und machtförmig verfestigt, in der manches wiederkehrt, was man längst für überwunden geglaubt hat.

Die Tagung widmet sich der historischen und systematischen Untersuchung eben jener am Modell der (Klein)Familie orientierten Strukturierung akademischer Sozialformen mit dem Ziel, die Persistenz des Familialen in (deutschen) akademischen Selbst- und Fremdbeschreibungen genauer zu fassen und zu erklären.

Programm

Montag, den 12.04.2021

10:00 Begrüßung und Vorstellungsrunde

10:30 Einführung             

11:00 Marian Füssel (Göttingen):

          Alma mater, Doktorvater/Mutter, Familienuniversität. Semantische
          Spurensuchen und universitätshistorische Streiflichter
          Respondenz: Carlos Spoerhase (Bielefeld)

11:30 Pause

12:00 Nacim Ghanbari (Siegen):

          Medium Gelehrtenbibliothek: ‚Familiarisierung‘ von Wissensvermittlung im 18. 
          Jahrhundert
          Respondenz: Hanna Engelmeier (Essen)

12:30 Marlene Friedrich (Bochum):
          Schuldige Väter, milde Söhne, strenge Enkel. Hans Mommsen, die deutsche
          Historikerschaft und die NS-Vergangenheit
          Respondenz: Tobias Schlechtriemen (Freiburg)

13:00 Pause

14:00 Eva Geulen (Berlin):
          Der Nachwuchs schlägt das Team
          Respondenz: Ethel Matala (Berlin)                 

19:00 Nüsschen und Bier

Dienstag, den 13.04.2021

10:00 Urs Stäheli (Hamburg):
          ‚Doing Generations‘ in der Soziologie
          Respondenz: Ulrich Bröckling (Freiburg)

10:30 Rembert Hüser (Frankfurt):
          Witze am Kopierer               
          Respondenz: Heide Volkening (Greifswald)

11:00 Pause

11:30  Abschlussdiskussion
           Mit Elisabeth Timm (Münster) und Angelika Poferl (Dortmund)
           Impulsvortrag: David Kaldewey (Bonn)
           Die familiäre Sozialstruktur der Universität: Methodische                  
           Herausforderungen beim Sprechen und Forschen über die eigene  
           Institution