Zahlen, Zeichen und Figuren
Wann |
14.10.2008 um 16:00 bis 17.10.2008 um 17:00 |
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Wo | KG I, Hörsaal 1199 |
Name | Gesa von Essen |
Teilnehmer |
öffentlich |
Termin übernehmen |
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Mathematische Inspirationen in Kunst und Literatur
Internationale Tagung der School of Language & Literature
im Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS)
Teilnehmer:
Rainer Bayreuther (Freiburg), Leo Corry (Tel Aviv), Laurence Dahan-Gaida (Université de Franche-Comté Besançon), Lutz Danneberg (HU Berlin), Bernd Enders (Osnabrück), Moritz Epple (Frankfurt), Robert Matthias Erdbeer (Münster), Andreas Gormans (Aachen), Joachim Grage (Freiburg), Erika Greber (Erlangen), Mairéad Hanrahan (London), Bettina Heintz (Bielefeld), Aura M. Heydenreich (Erlangen), Erich Hörl (Bochum), Friedrich Kittler (Humboldt-Universität Berlin), Olav Krämer (Freiburg), Christine Maillard (Strasbourg), Bettina Marten (Dresden), Dieter Martin (Freiburg), Herbert Mehrtens (Braunschweig), Stefan Rieger (Bochum), Wolfgang Soergel (Freiburg), Rudolf Taschner (Wien), Friedrich Vollhardt (LMU München), Gabriele Werner (Wien).
Abstract
Im Spektrum der zwei bzw. drei Kulturen kommt der Mathematik als der „radikalsten aller Geisteswissenschaften“ (G. v. Randow) oder als „geistiger Naturwissenschaft“ (A. Borel) eine eigenartige Zwitterstellung zu, die maßgeblich zu den Schwierigkeiten beiträgt, die die Kulturwissenschaften im Umgang mit dem Mathematischen haben: In der geistes- und kulturwissenschaftlichen Reflexion wird die Mathematik allzu oft den Naturwissenschaften zugeschlagen, im „Jenseits der Kultur“ (H. M. Enzensberger) verortet oder zur imagologischen Projektionsfläche umgewidmet (A. Sokal).
Dabei stellt die ästhetische Auseinandersetzung mit der mathematischen Wissensordnung, mit Quantifizierungs-, Formalisierungs- und Abstraktionsverfahren, mit aleatorischen und algorithmischen Strukturen und mit dem artifiziellen Status geometrischer und algebraischer Formationen schon seit der Antike ein konstitutives Element der kulturellen Selbstverständigung dar – ein Element, das über Neuzeit und Moderne hinweg bis heute das kulturelle Feld zu polarisieren vermag. Künstler, Musiker und Dichter – neben vielen anderen Leonardo da Vinci, Bach, Novalis, Flaubert, Valéry, Schönberg, Musil, Belyj, Braque, Webern, Max Ernst, Escher, Borges, Cage, Xenakis und Pynchon – haben sich durch die Eigentümlichkeit und Andersartigkeit des Mathematischen immer wieder inspirieren lassen und mit affirmativer, ambivalenter oder auch ablehnender Geste die vermeintliche Kluft zwischen den mathematischen und den ästhetischen Paradigmen vermessen. Die moderne Mathematik kommt diesen Annäherungsversuchen auf besondere Weise entgegen: Als autonomes, selbstreferentielles Sprachspiel orientiert sie sich ihrerseits oft an ästhetischen Kriterien von Schönheit, Stimmigkeit und Eleganz und folgt ihrem eigenen Prinzip des l‘art pour l‘art.
Die FRIAS-School of Language & Literature nimmt das „Wissenschaftsjahr der Mathematik 2008“ zum Anlass, die vielfältigen Beziehungen zwischen Mathematik auf der einen, Kunst, Musik und Literatur auf der anderen Seite ins Zentrum einer interdisziplinären, kulturwissenschaftlich und komparatistisch ausgerichteten Tagung zu stellen. Von der These ausgehend, dass die Künste für die kulturwissenschaftliche Reflexion einen privilegierten Schauplatz darstellen, auf dem sich die verschiedensten Stränge der Geschichte des Wissens miteinander kreuzen und in ihrer komplexen Interaktion beobachten lassen, soll der Fokus nicht nur aus literatur-, musik- und kunsthistorischer, sondern auch aus mathematikphilosophischer und wissenschaftshistorischer Perspektive auf die vielfältigen Praxis-, Erkenntnis- und Repräsentationsformen gelegt werden, aus denen sich der Mythos der „Mathematizität“ (R. Barthes) speist.
Im Mittelpunkt der Tagung sollen die folgenden thematischen Felder stehen:
- Fantasia mathematica. Mathematisches als Thema der Künste
- Algorithmische, kombinatorische und aleatorische Verfahren in Musik, Kunst und Literatur
- Algebraisches und Geometrisches in der Ästhetik
- Mathematische und nicht-mathematische Aufschreibesysteme
- „Krisen der Anschauung“ und Abstraktionsprozesse in der Mathematik und den Künsten
- Wissenschaftsästhetik der Mathematik
- Mythos „Mathematizität“. Zum Interferenzraum von Kultur und Mathematik