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Verantwortungsvolle Wissenschaft: Unsere interdisziplinären Kolloquien

Das FRIAS fördert die kontinuierliche Reflexion über wissenschaftliche und technologische Fortschritte.

Ohne Zweifel: Neue Technologien haben einen tief greifenden Einfluss auf unsere Lebenswelt. Eine kontinuierliche Debatte über die ethischen Implikationen wissenschaftlicher und technologischer Innovationen ist deshalb ein unerlässlicher Bestandteil dieses steten Wandlungsprozesses. Gleichfalls ist das Streben nach gemeinsamer Reflexion auch ein zentrales Motiv des Interdisziplinären Kolloquiums, welches 3-4 Mal im Jahr stattfindet und das den Fellows einen Raum zum Innehalten und Diskutieren bietet. Im Fokus stehen dabei jeweils Fragen von allgemeiner und aktueller Relevanz für die Wissenschaft, welche von der multiperspektivischen Forscher/Innengemeinde aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden.

Im akademischen Jahr 2018/19 stehen ethische Fragen im Zentrum des aktuellen FRIAS Forschungsschwerpunkts „Verantwortliche Künstliche Intelligenz: Normative Aspekte der Interaktion von Mensch und intelligenten Systemen". Hier widmen sich vier Wissenschaftler/innen aus Recht, Philosophie, Informatik und Neurowissenschaft der Erforschung notwendiger Kontrollinstanzen für souverän agierende, intelligente Systeme in verschiedenen Anwendungsbereichen. In zwei Vorträgen gaben Mitglieder des Forschungsschwerpunktes ihrem interdisziplinären Kollegium einen Einblick in rechtliche und philosophische Aspekte der Implementierung Künstlicher Intelligenz (KI) in (semi-)autonome Waffensysteme.

Ende letzten Jahres stellte zuerst Silja Vöneky, Professorin für Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsethik, den internationalen juristischen Kontext vor, in dem autonome Waffensysteme entwickelt und eingesetzt werden. Dabei wies sie vor allem auf die unzureichend regulierten Bedingungen tödlicher autonomer Waffensysteme hin. Diese unterliegen derzeit nicht dem internationalen Kriegsrecht und die dringend notwendige Schließung dieser regulatorischen Lücke bedürfe abgestimmter, konsequenter und internationaler Bemühungen. Allerdings ist ein politischer Konsens zur Ausgestaltung eines globalen regulatorischen Kraftakts derzeit noch nicht in Sicht.

In ihrem Vortrag vermittelte Prof. Vöneky ein Verständnis der weitreichenden ungeklärten Fragen, welche einer möglichen legislativen Lösung vorausgehen: Inwiefern kann und soll moderne Kriegsführung auf tödliche Waffen zurückgreifen, die hauptsächlich oder gar ausschließlich von Künstlicher Intelligenz gesteuert werden? Sind semi-autonome Waffen geeignet, den Verlust menschlichen Lebens in bewaffneten Konflikten einzudämmen? Dann käme ihr Einsatz einer moralischen Verpflichtung nah. Oder sollte der gesamte aufkommende Zweig dieser Rüstungsinnovationen im Rahmen internationaler Konventionen verboten werden? Dafür spräche die derzeit nicht leistbare Absehbarkeit ihrer Konsequenzen, wie dies zuvor schon bei der Innovation von biologischen und chemischen Kampfmitteln der Fall war.

Im Interdisziplinären Kolloquium im Januar 2019 griff Oliver Müller das Beispiel auf. Er sprach über grundlegende philosophische Fragestellungen in der Debatte über die Nutzung autonomer Waffen. Müller, der die Heisenberg Professur am Philosophischen Seminar der Universität Freiburg innehat, engagiert sich neben seiner Arbeit am Forschungsschwerpunkt „Verantwortliche Künstliche Intelligenz“ derzeit auch in der Projektgruppe „Philosophy in the Age of the New Wars“, die das FRIAS in Kooperation mit der PennState University fördert.

Inwiefern (semi-)autonome Technologien beispielsweise durch entsprechende Programmierung bindenden Gesetzen und ethischen Prinzipien unterworfen werden können, ist für Prof. Müller erst der Einstieg in eine weit komplexere Problematik. Demnach stellt sich zunächst die Frage, wer über derartig universale Prinzipien zu entscheiden hat. Die Erarbeitung dieser Prinzipien passiert auf moralphilosophisch bisher unerschlossenem Terrain: Während beim Menschen sittliche Prinzipien durch Gefühl und Empathie ermöglicht und komplementiert werden, speisen sie sich bei intelligenten Systemen zwangsläufig aus Algorithmen. Schließlich muss klar sein, wer letzten Endes für die Konsequenzen von maschineller oder hybrider Handlungssouveränität verantwortlich ist. Angesichts der schnellen Fortschritte, die die Technologie – auch in essenziellen Bereichen wie der Medizin, der Gesundheitsversorgung oder dem autonomen Fahren – verzeichnen kann, sind diese Fragen von enormer Relevanz für die Wissenschaftler/innen heute und in den kommenden Jahren.

Die regelmäßigen Kolloquien sorgen dafür, dass das FRIAS ein Ort ist, an dem die allgemeine Debatte der Wissenschafts- und Technikreflexion ermöglicht und gefördert wird. Darüber hinaus hat sich an der Universität Freiburg ein Netzwerk gegründet, das Wissenschaftsreflexion fördern und stärken wird – das Freiburger Netzwerk für ethische, rechtliche und soziale Aspekte von Wissenschaft und Technik (FELSA) . Für die kommenden Monate sind weitere Veranstaltungen geplant. Hier behalten Sie den Überblick – oder Sie abonnieren unseren Newsletter, in dem wir regelmäßig auf die anstehenden Formate hinweisen.

 

15/02/2019