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Neuer Weg zu leistungsstarken Katalysatoren - FRIAS Fellow veröffentlicht zukunftsweisende Forschungsergebnisse in Nature Chemistry

Mehr als 80% aller Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie benötigen schon heute den Einsatz von Katalysatoren. Katalysatoren sind Stoffe, die bei einer chemischen Reaktion selbst nicht verbraucht werden, sondern die entsprechende Reaktion beschleunigen und zum gewünschten Produkt hin steuern können. Bis heute gilt das Aufspüren eines optimalen Katalysators als Suche nach der Nadel im Heuhaufen und ist meist von Intuition und Zufall abhängig. Um schneller als bisher einen optimalen Katalysator zu finden, hat die Arbeitsgruppe von Bernhard Breit, Professor für Organische Chemie und Internal Senior Fellow der FRIAS School of Soft Matter Research ein völlig neues Konzept entwickelt. Am Beispiel der enantioselektiven(*) Wasserstoffaddition an Alkene konnten die Chemiker das neue Prinzip demonstrieren. Veröffentlicht wurden ihre Ergebnisse nun in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „Nature Chemistry“.

Das neue Verfahren zur Katalysatorherstellung und -identifizierung bedient sich eines kombinatorischen Ansatzes. Dabei werden Katalysatorbibliotheken durch einfaches Mischen komplementärer Einzelkomponenten hergestellt. In diesem Fall sind dies katalytisch aktive Rhodium(I)-Zentren, die mit daran bindenden Phosphanliganden modifiziert werden. Dabei binden immer genau zwei Phosphanliganden an ein Rhodium-Zentrum, was die Freiburger Chemiker durch das Design spezieller Phosphanliganden sicherstellen konnten. Diese können wie die Basenpaare Adenin (A) und Thymin (T) in der DNA komplementäre Wasserstoffbrückenbindungen miteinander ausbilden. Durch das Mischen von 12 mal 10 zueinander komplementären Phosphanliganden mit einem Metallsalz bilden sich so ohne zusätzlichen Syntheseschritt und selbstorganisiert 120 definierte molekulare Katalysatoren. Um aus dieser Bibliothek von Katalysatoren den aktivsten und selektivsten Kandidaten zu identifizieren, wurde das neue Prinzip der iterativen Dekonvolution (Entwirrung) entwickelt. Dazu wird die Gesamtbibliothek in Unterbibliotheken eingeteilt. Diese Unterbibliotheken treten nun in definierten Testreaktionen gegeneinander an, wobei Aktivität und in diesem Falle Enantioselektivität die Wettbewerbskriterien waren. In einem nächsten Schritt fokussierten sich die Forscher ausschließlich auf die Unterbibliothek, die das beste Resultat in diesem Wettbewerb geliefert hatte (in ihr müssen sich die aktivsten und selektivsten Katalysatoren befinden). Diese beste Unterbibliothek unterteilten sie erneut in kleinere Einheiten, die wiederum gegeneinander in der gleichen Testreaktion antraten. Dieses Verfahren wurde so lange fortgesetzt, bis die besten Einzelkatalysatoren identifiziert waren. Auf diese Weise konnten aus einer Bibliothek von 120 Katalysatoren in jeweils 17 Einzelexperimenten für verschiedene Klassen von Substraten jeweils hervorragende Katalysatoren ermittelt werden. Dieser Ansatz ist der klassischen Vorgehensweise, bei der alle 120 Katalysatoren parallel getestet, das heißt 120 Experimente und die entsprechende Reaktionsanalytik durchgeführt werden müssen, klar überlegen. Der Ansatz ist allgemein gültig und sollte auf viele Probleme der chemischen und biochemischen Katalyse übertragbar sein.

(*) Enantioselektivität: Enantiomere sind chemische Verbindungen, die sich völlig gleichen, abgesehen von ihrer räumlichen Struktur, in der sie sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Der Chemiker spricht von einem (-) und einem (+) Enantiomer
Von Enantioselektivität ist die Rede, wenn nur einer der beiden Enantiomere, Bild oder Spiegelbild, an einer chemischen Reaktion teilnehmen kann oder das Endprodukt nur in einer Form – entweder (-) oder (+) - vorliegt.

Joerg Wieland & Bernhard Breit; Nature Chemistry (2010); doi:10.1038/nchem.800

09/2010