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Prof. Klaus J. Mattheier

Germanistische Linguistik
Universität Heidelberg
Okt. - Dez. 08

Vergangene FRIAS-Aufenthalte

  • Okt. - Dez. 08

 

    CV

    Geburt und erste Lebensjahre im Ruhrgebiet (Bottrop). Studium in Bonn und Bochum. Promotion 1971 in Bochum in der deutschen Gewerkschaftsgeschichte (die gelben Gewerkschaften). Habilitation 1979 in Bonn am Institut für geschichtliche Landeskunde über den Dialektwandel. Ruf nach Heidelberg (Germanistische Linguistik) 1980. Dekan der Neuphilologischen Fakultät 1983-85. DFG-Projekte über die Sprache im 19. Jahrhundert. Projektleitung des Graduiertenkollegs über Dynamik von Substandardvarietäten 1993-2000. Pensioniert 2006. Dr. h.c. Budapest 2007.

    Publikationen (Auswahl)

    • Wege und Umwege zur neuhochdeutschen Schriftsprache. Überlegungen zur Entstehung und Durchsetzung der neuhochdeutschen Schriftsprache unter dem Einfluß sich wandelnder Sprachwertsysteme, veranschaulicht am Beispiel von Köln. In: ZGL 9 (1981), 74-307.
    • Die Rheinische Sprachgeschichte und der ‘Maikäfer’. In: M. Nikolay-Panter u.a. (Hg.), Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande. Regionale Befunde und raumübergreifende Perspektiven. Georg Droege zum Gedenken. Köln u.a. 1994, 534-561.
    • Pragmatik und Soziologie der Dialekte. Eine Einführung in die kommunikative Dialektologie des Deutschen. Heidelberg 1980.
    • Einige Bemerkungen zum Sprachbewußtsein und zur Erhebung von Sprachbewußtseinsdaten. In: P. Nelde (Hg.), Methoden der Kontaktlinguistik. Bonn 1985, 89-92.
    • Varietätenzensus. Über die Möglichkeit, die Verbreitung und Verwendung von Sprachvarietäten in Deutschland festzustellen. In: Dialektologie des Deutschen. Forschungsstand und Entwicklungstendenzen (Reihe Germanistische Linguistik 147). Tübingen 1994, 413-443.
    • (zusammen mit U. Ammon und N. Dittmar) Sociolinguistics. An International Handbook of the Science of Language and Society. 2 Halbbände (HSK 3.1/3.2). Berlin, New York 1987/1988.
    • (zusammen mit E. Radtke) Standardisierung und Destandardisierung europäischer Nationalsprachen. Frankfurt 1997 (VarioLingua 1).
    • (zusammen mit W. Hoffmann, J. Macha, H.-J. Solms und K.-P. Wegera) Das Frühneuhochdeutsche als sprachgeschichtliche Epoche. Werner Besch zum 70. Geburtstag. Frankfurt u.a. 1999.

     

     

    FRIAS-Projekt

    Salienz

    Theoretischer Ausgangspunkt für die Einbettung des Konzepts der SALIENZ in eine übergreifende sprachsoziologische Varietätentheorie sind die  Kontakte zwischen verschiedenen Varietäten und die Prozessdynamik, die sich aus diesem Kontakt heraus bildet. Vorausgesetzt ist dabei die Existenz von Varietäten, die intra- und interpersonell in einer Varietätengemeinschaft nach bestimmten situativ-funktionalen und soziolinguistischen Regularitäten verbreitet sind und – unter anderem – auch identifikatorische Funktionen entfalten. Innerhalb solcher Varietätengemeinschaften, sowie zwischen ihnen, entwickeln sich zwangsläufig vielfältige Kontakte, die teilweise auch den Charakter von Varietätenkonflikten oder auch Sprachkonflikten annehmen. Diese Kontakte bzw. Konflikte betreffen einerseits strukturelle Aspekte des Systems, wenn etwa die Phonologie oder das Lexikon betroffen ist. Sie betreffen aber auch den gesamten Bereich der Soziolinguistik sowie die Soziopragmatik von kontaktierenden und konfligierenden Varietäten. In all diesen Konstellationen kommt es im kommunikativen Alltag vor, dass in die dann einsetzenden ‚mixing’-Prozesse beide beteiligte Varietäten eigene Sprachformen bzw. Sprachverhaltensregeln einbringen.

    Diese Prozesse sind von Dialektologen schon früh beobachtet worden. Schon in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts hat Viktor Schirmunski, ein russischer Sprachgermanist, der sich mit der Entwicklungsdynamik der deutschen Dialekte in den deutschen Sprachinseln in Russland beschäftigte, erste Überlegungen zu den dabei wirksamen sog. primären und sekundären Dialektmerkmalen angestellt. Aber auch der Freiburger Philologe Friedrich Maurer hat in den beginnenden 50er Jahren die bei einem solchen mixing-Prozess entstehenden zentralen Theorieprobleme klar formuliert. Den Rahmen bildete dabei nicht eine Sprachinselkonstellation, sondern die für die deutsche Sprachgeschichte zentrale Frage nach der Entstehung der deutschen Hochsprache. Er stellt sich die Frage: “Wie ist jene eigenartige Mischung zustande gekommen?“ (die heutige deutsche Hochsprache). Weiterhin will er wissen, warum in jener Mischsprache das eine Mal diese, das andere Mal jene Form ausgeschieden oder allgemein angenommen worden ist. Beruhen die Entscheidungen zwischen den beiden (oder mehr) Möglichkeiten auf dem Zufall? Das wird man kaum annehmen wollen. Gab es also irgendeine Norm, nach der man sich richtete? Und wenn ja, wo ist diese Norm zu suchen? Hier formuliert Friedrich Maurer klar und übersichtlich die zentralen Forschungsfragen, denen sich heute eine Theorie der Salienz stellen muss. Geht es dabei doch genau darum, welche Merkmale warum in einem Kontaktprozess aufgegeben werden und welche Merkmale erhalten bleiben.