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Zeitbrechungen. Grenzsetzungen zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft.

Seit der Geburt der Moderne hat die Geschichtsschreibung die Existenz der Vergangenheit als ihren Untersuchungsgegenstand vorausgesetzt, dennoch sind das Konzept ‚Vergangenheit’ und die Unterscheidung der Kategorien ‚Vergangenheit’, ‚Gegenwart’ und ‚Zukunft’ wenig innerhalb der Disziplingrenzen reflektiert worden. Selten wurden diese Kategorien ausführlich in der Geschichtswissenschaft diskutiert.
Es ist für Geschichtswissenschaftler und Geschichtsphilosophen daher an der Zeit zu analysieren, wie in verschiedenen Kulturen und besonders von HistorikerInnen die Vergangenheit von der Gegenwart und der Zukunft unterschieden wird und wie ihre wechselseitigen Beziehungen konstruiert sind. Ist die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lediglich eine passive Wahrnehmung oder Beobachtung? Was ist ‚natürlich’ und was ist ‚unbestreitbar’? Oder nehmen Akteure solche Kategorisierungen aktiv vor? Können wir behaupten, dass wir wissen, wie ‚gegenwärtige’ soziale und kulturelle Phänomene zu ‚vergangenen’ werden (oder ab wann sie als solche wahrgenommen werden)? Es scheint lohnenswert, eine Verbindung zwischen historischen und philosophischen Debatten zur zeitlichen Unterscheidung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herzustellen. Bisher gibt es keine systematisch vergleichende Analyse, die untersucht hätte, wie historische Akteure und Historiker die Zeit eingeteilt haben.
Beide Disziplinen, die Geschichtswissenschaft und die Philosophie, betonen, welche Rolle politische Zäsuren, wie Revolutionen oder Kriege, bei der Einteilung von Zeit spielen. Die Effekte dieser umwälzenden Ereignisse auf die Vorstellung von Zeit wurden jedoch selten in vergleichender Perspektive und als performative Ereignisse studiert.  Das „Jahr 1“ der Französischen Revolution und die „Stunde Null“ im Nachkriegsdeutschland sind vielleicht zwei der einprägsamsten Beispiele für diese Art von umwälzenden Ereignissen in der Vergangenheit, während das Ende des Kalten Kriegs 1990 als das die Epoche noch immer am meisten prägende Ereignis der Gegenwart wahrgenommen wird.

Für den Workshop wurden Publikationen gesammelt, die die Einteilung der Zeit in der Geschichte analysieren und problematisieren. Einige Beiträge bezeugen exemplarisch, wie  umwälzende Ereignisse das Denken über die Beziehung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verändert und neu justiert haben. Zeitlich fokussiert der Workshop auf die Moderne. Die Unterschiede zum und Ähnlichkeiten mit dem vormodernen Denken űber Zeit werden jedoch auch betrachtet. Räumlich bezieht er sich sowohl auf Europa als auch auf Außereuropa.

Den Eröffnungsvortrag hält Lynn Hunt (University of California, Los Angeles) zum Thema "Globalization and Time".

Der Workshop der School of History findet vom 07.04. bis zum 09.04.2011 im FRIAS-Haus in der Albertstraße 19, Freiburg, statt.

03/2011