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Neue „Interdisziplinäre Forschergruppe“ startet am FRIAS

Bewältigungsverhalten in Notfällen

Die Notwendigkeit des angemessenen Umgangs mit Notfallsituationen ist durch Großschadensereignisse bzw. Katastrophen wie das ICE-Unglück in Enschede 1998, den Angriff auf das World-Trade-Center 2001 oder auch den Tsunami 2004 verstärkt in der gesellschaftlichen Wahrnehmung angekommen. Aber auch die Häufigkeit individueller Notfallsituationen oder traumatischer Erfahrungen, wie z. B. Verkehrsunfälle oder Gewalterfahrungen, weist darauf hin, dass es wichtig ist, Menschen auf Notfallsituationen angemessen vorzubereiten und ihr Bewältigungsverhalten in potentiellen Notfallsituationen zu fördern. Ein wichtiger Aspekt der Bewältigung von Notfällen ist dabei die Art des Umgangs mit Gefühlen (Emotionsregulation bzw. Emotionsdysregulation) sowie die Frage der Trainierbarkeit angemessener Emotionsregulationsstile für Helfer und Opfer in akuten Notfallsituationen.
Allerdings ist die Erforschung menschlicher Reaktionen in echten Notfallsituationen mit experimenteller Kontrolle und Variation zentraler Rahmenbedingungen aus ethischen und anderen Gründen nahezu unmöglich. In der Zusammenarbeit zwischen Expertinnen und Experten aus der Psychologie und der Informatik können dagegen neue Methoden entwickelt werden, um möglichst realitätsnah menschliches Verhalten in Notfallsituationen untersuchen zu können. So werden in der Informatik virtuelle Katastrophenszenarien entwickelt, die es den Untersuchungsteilnehmern ermöglichen, interaktiv in einer Szene mitzuwirken und zumindest ansatzweise das Stresserleben zu empfinden, das Menschen in solchen Situationen haben können (z. B. als Feuerwehrmann einen Waldbrand zu löschen; als Opfer oder Helfer in einem brennenden Haus einen Ausweg suchen). Bei der Entwicklung solcher VR-Szenarien wird die Expertise aus der Psychologie (Leitung: Prof. Tuschen-Caffier) dazu beitragen, Emotionen in Notfallsituationen angemessen modellieren und möglichst überzeugende Handlungspartner (Agenten) in virtuellen Umgebungen erzeugen zu können. Aus der Informatik (Leitung: Prof. Nebel) werden die Kenntnisse in der Erstellung von Simulationsumgebungen, aber auch z. B. aus der Rettungsrobotik und Handlungsplanung eingebracht.
Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit verspricht, dass auf innovative Weise Notfallszenarien entwickelt werden, anhand derer das Erleben und Verhalten von Menschen in Notfallsituationen besser verstanden werden kann. Diese Erkenntnisse sollen wiederum in Trainingsprogramme einfließen, um das Bewältigungsverhalten von Menschen, die Notfällen ausgesetzt sein könnten (z. B. Rettungskräfte) zu verbessern.

09/2010